„Du hast doch wohl zwei linke Hände!“, AUI August 2022

Vor über 45 Jahren wurde von dem US-Amerikaner Dean R. Campbell der „Tag für Linkshänder“ ins Leben gerufen. Er legte ihn absichtlich auf einen Freitag den Dreizehnten, als Zeichen gegen den Aberglauben, der sich um die Linkshändigkeit rankte.

Was früher, weil als Teufelswerk verschrien, dazu führen konnte, auf dem Scheiterhaufen verbrannt zu werden, und später über Jahrzehnte hinweg gnadenlos abtrainiert wurde, gilt inzwischen zum Glück als nichts Ungewöhnliches mehr. Dennoch gibt es im Sprachgebrauch nach wie vor Äußerungen, die als Abwertung empfunden werden können. Beispiele: Der als Überschrift gewählte Satz oder ein nach wie vor von Erziehenden gern mit Blick auf Begrüßung gebrauchter: „Gib mir das schöne Händchen.“ Auch wenn vermutlich die wenigsten Menschen solches absichtlich diskriminierend verwenden, lohnt es sich, derartig Unbedachtes zu reflektieren und möglicherweise Verletzendes aus der Sprache zu verbannen.

Fragen, welche Hand linkshändige Menschen zur Begrüßung reichen sollten, hatten seit Beginn der Pandemie keine Hochkonjunktur. Weil sich nicht wenige in Deutschland den Handschlag zur Begrüßung sehnlichst zurückwünschen und ihn teils auch bereits wieder praktizieren, wird das Thema erneut aktuell. Da es sich kulturell so entwickelt hat und in unserem Land allgemein üblich sowie für die Betreffenden ohne allzu große Mühe einzurichten ist, wird ihnen nahegelegt, den Händedruck mit der rechten Hand anzubieten. Ausnahmen dazu gibt es selbstverständlich ganz allgemein, wenn Verletzungen oder Behinderungen dem entgegenstehen.

Außerdem tauchen immer noch oft Fragen zu Tischsitten für Linkshändige auf. Dass diese das Besteck auf die ihnen gerechte Art verwenden, ist seit Jahren selbstverständlich geworden. Unsicherheiten dazu gibt es allerdings zum Beispiel, ob zu Beginn eines mehrgängigen Menüs vom Gast das gesamte Gedeck „umgebaut“ wird, was mit den Gläsern passiert und ob das Besteck am Ende des Essens rechts oder links abgelegt werden soll.

Letzteres ist mit Blick auf die Routine der Servicekräfte zu beantworten, denen die Arbeit durch links abgelegtes Besteck beim Ausheben der Teller – im privaten Bereich „abräumen“ genannt – sehr erschwert würde. Auch linkshändige Menschen werden deshalb gebeten, das Besteck zwischen „vier und fünf“ – wenn Sie sich den Teller als Uhr vorstellen – parallel mit dem Messer rechts neben der Gabel abzulegen. Das ist eine zumutbare Bitte, da sie es ohne Schwierigkeiten bewerkstelligen können.

Ist eine Tafel, wie üblich, für Rechtshändige eingedeckt, wechseln Linkshändige das Besteck in die ihnen genehme Hand, nachdem sie die Teile pro Gang aufgenommen haben. Das gilt inzwischen übrigens völlig unabhängig von der „Lieblingshand“ für alle Menschen. Ein Glas sollte nach dem Trinken wieder an seinem angestammten Platz, also rechts, abgestellt werden. Dies ist unter anderen Vorteilen für das Nachschenken durch den Getränkeservice die praktikabelste Position.

Tipp für Gastgebende: Decken Sie zu Hause bei einer Einladung zu einem mehrgängigen Menü für eine Person, von der Sie wissen, dass sie auch beim Essen praktizierende Linkshänderin ist, an deren Platz von vornherein das gesamte Besteck spiegelbildlich ein.

Aktuelle Empfehlung des Gremiums „Arbeitskreis Umgangsformen International“ (AUI), August 2022

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